Fahrradfahren auf Sylt

Seit 1988 prägt ein Fahrradverleih auf Sylt die Mobilität auf der Insel wie kaum ein anderer. Acht Filialen, 74 Räder im Sortiment, ein Team aus vielen Nationen und ein klarer Nachhaltigkeitsanspruch – doch begonnen hat alles mit einer spontanen Entscheidung. Ein Gespräch über Vorreitergeist, E-Bike-Boom, Herausforderungen im Tourismus und die Frage, wie radfreundlich Sylt in Zukunft wirklich sein kann.

Wenn man auf Sylt unterwegs ist, begegnet man den Rädern vom Fahrradverleih M & M überall: am Bahnhof in Westerland, auf dem Deich, zwischen Reetdachhäusern und Dünenwegen. Was vor über drei Jahrzehnten mit einem spontanen Kauf begann, ist heute einer der prägendsten Fahrradverleihe der Insel. Im Gespräch erzählt der Gründer, warum er schon früh auf E-Bikes gesetzt hat, wie Nachhaltigkeit im Verleihalltag wirklich funktioniert – und was er sich für die Mobilität der Zukunft wünscht.

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INTERVIEW

greensylt: Seit über 35 Jahren verleihen Sie Fahrräder auf Sylt. Wie hat damals alles angefangen?

JOHN MEINERT PETERSEN (Geschäftsführer M & M): 1988 gab es auf der Insel genau zwei Fahrradverleiher – und einer davon wollte verkaufen. Für mich war das sofort eine faszinierende Idee. Ich habe den Betrieb kurzerhand übernommen, ohne zu ahnen, dass daraus einmal ein Unternehmen mit acht Filialen werden würde. Aber genau so fing alles an.

„Wir waren auf Sylt die Ersten mit E-Bikes – und sogar mit E-Dreirädern.“

-John Meinert Petersen

Was zeichnet Ihren Verleih heute aus?

Vor allem unsere Vielseitigkeit. Wir bieten Räder für wirklich jeden Bedarf: vom Kinderfahrrad über Touren-, Trekking- und Mountainbikes – klassisch oder elektrisch – bis hin zu einer großen Auswahl an Tandems und praktischen E-Dreirädern für Menschen mit Gleichgewichtsschwierigkeiten. Lastenräder, Anhänger für Kind oder Vierbeiner, Bollerwagen, Zubehör – aktuell können Gäste aus 74 Produkten online wählen. Hinzu kommt unser Standortnetz: Acht Filialen auf der Insel ermöglichen Einwegmieten, also Rad in A leihen und in B zurückgeben. Und selbst große Gruppen mit über 100 E-Bikes bekommen wir problemlos organisiert. In vielen Bereichen waren wir außerdem Vorreiter: Die ersten mit MTBs, die ersten mit E-Bikes, mit E-Dreirädern, Paralleltandems, mit Fahrdienst und Hotelbelieferung. Und: Wir sind unkompliziert. Das sagen unsere Gäste immer wieder.

Wie nutzen die Einheimischen Ihr Angebot?

Unsere eigenen Mitarbeiter fahren privat mit unseren Rädern, und über Jobrad können sie auch leasen. Außerdem verkaufen wir sowohl neue Modelle als auch ausgemusterte Räder – das ist für Pendler und Menschen vom Festland interessant.

Und wie läuft es bei Urlaubsgästen?

Wer mit dem Zug kommt, steigt quasi direkt auf sein Leihrad: Unsere Filiale liegt direkt neben Gleis 1 in Westerland, und wir transportieren das Gepäck kostenfrei zur Unterkunft. Die Gäste fahren dann entspannt mit dem gemieteten Rad weiter. Für Autozug-Reisende gibt es bei Nutzung des SyltShuttle Comfort Tickets Rabatte auf die Radmiete – ein kleiner Anreiz, das Auto trotz Auto-Anreise stehen zu lassen.

Bild: unsplash

Der Boom der E-Bikes – was hat sich verändert? Wie hat sich die Nachfrage entwickelt?

In den letzten Jahren ist sie deutlich gestiegen. Wir achten dabei auf eine gute Balance: leistungsstärkere Akkus für mehr Reichweite, aber gleichzeitig ein leichtes, intuitives Handling. Modetrends interessieren uns weniger – wir wählen, was auf Sylt wirklich funktioniert.

Was unterscheidet Sie von anderen Verleihern? Was dürfen Ihre Kund*innen erwarten?

Ein breites Sortiment, ein dichtes Filialnetz, Einwegmieten, große Gruppen-Kapazitäten, kostenfreien Pannenservice und ab zwei Tagen Miete auch einen kostenlosen Bring- und Holservice. Wir sind das ganze Jahr über am Bahnhof Westerland geöffnet – sogar an Weihnachten und Silvester. Zudem können Gäste bei uns direkt eine Fahrradversicherung abschließen. Mitglieder des ADFC und viele Urlauber bestimmter Unterkünfte erhalten zudem Rabatte.

Tipp: Lies alles zur Kurkarte, Kurtaxe, Kurabgabe oder Gästekarte auf Sylt

Welche Rolle spielt Qualität?

Eine große. Wir setzen überwiegend auf Traditionsmarken aus Hamburg und den Niederlanden – robuste, langlebige Räder von Stevens oder Gazelle.

Nachhaltigkeit – was bedeutet das für Ihren Betrieb? Wie leben Sie Nachhaltigkeit im Alltag

Nachhaltigkeit ist bei uns kein Marketingwort, sondern gelebte Praxis. Wir nutzen biologische Reinigungsmittel, bereiten alte Akkus wieder auf, recyceln Batterien, und seit über 15 Jahren versorgt uns unsere eigene Solaranlage mit Strom. Geliefert wird erst ab zwei Miettagen – das reduziert unnötige Fahrten. Unsere Räder beziehen wir von Herstellern aus der Region: Hamburg, Kiel, Heide, Lübeck. Wir haben sogar ein Wasserstoffrad getestet – allerdings war die Technik noch nicht reif.

Und sozial?

Wir sind ein multikultureller Arbeitgeber mit vielen Ganzjahreskräften. Außerdem unterstützen wir Formate wie den Girls’ Day, um Mädchen technische Berufe näherzubringen.

Fahrradtouren auf Sylt

Bild: Marcus Noack, greensylt

Haben Sie einen Tourentipp für Gäste? Welche Strecken empfehlen Sie?

Im Norden die Klassiker: Wenningstedt, Kampen, List. Im Süden: Rantum und Hörnum. Im Osten: Keitum, Archsum, Morsum. Und ein persönlicher Geheimtipp: Das Rantumbecken. Starten Sie am Deichkreuz, fahren Sie Richtung Rantumer Hafen und machen Sie einen Stopp beim Hafenkiosk 24 – vielleicht sogar mit einem Abstecher zu den Sylt Distillers.

Wie sehen Sie die Zukunft des Fahrradverleihs auf Sylt? Klingt nach einer Branche im Wandel…

Definitiv. Die Konkurrenz ist groß, allein rund um den Bahnhof gibt es sieben bis acht Anbieter. Viele Gäste besitzen mittlerweile ein eigenes E-Bike und bringen es mit. Die Preissensibilität ist gestiegen, und wir erleben leider auch mehr Vandalismus. Aber: Die Menschen fahren weiterhin gerne Rad. Und die Bedeutung nachhaltiger Mobilität wächst – hoffentlich im Interesse aller, damit Sylt lebens- und sehenswert bleibt.

Was wünschen Sie sich für ein fahrradfreundlicheres Sylt? Wenn Sie drei Dinge ändern könnten…?

Erstens: eine bessere Radwegführung hinter der Kreuzung Kirchenweg/Kjeirstr. Richtung Keitumer Chaussee – aktuell ist das ein Problem. Zweitens: dass sich die Schaftore am Deich öffnen lassen, damit man auch mit Tandems durchkommt, ohne das Rad zu beschädigen. Und drittens: breitere und mehr Radwege, idealerweise getrennt von Fußgängern.

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Verfasst von

Marcus Noack

Ich bin Unternehmer und Journalist.
Nach einer Ausbildung zum Bürokaufmann und einem Job in der Öffentlichkeitsarbeit der IHK Berlin habe ich internationale BWL im schönen Valencia, Spanien studiert. Vorher lebte und arbeitete ich als Bürokaufmann ein Jahr im Norden von Spanien, in San Sebastian.

Seit 2006 entwickle und betreibe ich verschiedene Internetportale, hauptsächlich zu nachhaltigen Themen.

2010 habe ich das grüne Karriereportal JOBVERDE und die nachhaltige Produkt- und Unternehmenssuche LifeVERDE gegründet.

Meine Leidenschaft ist es, über Themen zu schreiben, die die Welt positiv beeinflussen: Natur, Sport, Wirtschaft und Gesellschaft sind dabei meine Haupt-Themen.

Ich freue mich, wenn wir uns auf GreenSYLT zu nachhaltigen Angebote und der Insel austauschen.